Anwendbares Recht

Das Personenfreizügigkeitsabkommen wird auf alle rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Risikodeckung angewendet:

  • Alter
  • Invalidität
  • Tod (Leistungen für die Hinterbliebenen)
  • Krankheit
  • Mutterschaft
  • Berufsunfälle
  • Berufskrankheiten
  • Arbeitslosigkeit
  • Familienzulagen

Die Sozialhilfe wird von diesem Abkommen nicht betroffen.

Der Wohnort

Der Wohnort ist ein wesentliches Element, auf das bei der Festlegung des zuständigen Sozialversicherungssystems Bezug genommen wird. Jede Person kann nur ein einziges legales Wohndomizil haben. Es liegt dort, wo sich der Lebensmittelpunkt der Person befindet. Der Ort, wo die Papiere deponiert sind, ist ein wichtiger Hinweis darauf. Ein Wegzug bedeutet jedoch nicht unbedingt die Verschiebung des Lebensmittelpunktes. Eine Anstellung für eine kurze Zeit in einem anderen Staat reicht nicht für das Festlegen eines neuen Wohnortes; auch dann nicht, wenn die Person ihre Papiere dort hinterlegt – Letzteres wird als «Aufenthalt» bezeichnet. Im Gegensatz dazu gilt der Wohnsitz, der auch als Wohnort bezeichnet wird, als der Ort, in dem sich die Person gewohnheitsmässig aufhält.

Ohne Erwerbstätigkeit

Personen ohne Erwerbstätigkeit sind im Prinzip nicht von diesem Abkommen betroffen. Sie unterstehen dem Sozialversicherungssystem des Landes, in welchem sie ihren Wohnsitz haben (Ausnahme: Krankenversicherung).

Arbeit in einem einzigen Land

Gemäss dem Prinzip «Wohnort vor Arbeitsort» unterstehen Staatsangehörige der Schweiz oder eines Vertragsstaates, die nur in einem Land arbeiten, im Prinzip dem Versicherungssystem dieses Landes – selbst wenn sie in einem anderen Land wohnen und auch dann, wenn sich der Sitz des Unternehmens oder des Arbeitgebers, für den sie tätig sind, im Ausland befindet. Einzige Ausnahme bilden die entsandten Arbeitnehmer.

Arbeit in mehreren Ländern: Schweiz – EU

Die neue EU-Verordnung 883/2004 ist seit dem 1. April 2012 in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den EU-Staaten anwendbar. Neu daran ist, dass der Anschluss an das Sozialversicherungssystem seines Staates, im Falle einer Arbeit in einem anderen Staat, nur dann möglich ist, wenn der Arbeiter wenigstens 25 Prozent seiner Arbeit in seinem Wohnstaat verrichtet. Dabei sind die Regeln zwischen Selbständigerwerbenden und solchen, die teils selbständig erwerbend und teils Arbeitnehmer sind, nicht ganz dieselben (siehe Art. 13 § 2er 3 des Reglements). Gemäss Artikel 13 § 1 ist ein Arbeitnehmer aus der Schweiz oder ein Angehöriger der EU

1. der Sozialversicherungs-Gesetzgebung des Landes seines Wohnortes unterstellt

  • wenn er von einem einzigen Arbeitgeber in wenigstens zwei Staaten (EU oder Schweiz) angestellt ist, wovon wenigsten 25 Prozent im Land seines Wohnortes.
  • wenn er von mehreren Arbeitgebern angestellt ist, die ihren Geschäftssitz in mehreren Staaten (EU oder Schweiz) haben. In diesem speziellen Fall ist der 25-Prozent-Anteil im Land seines Wohnortes nicht notwendig.

2. der Sozialversicherung-Gesetzgebung des Geschäftssitzes seines Arbeitgebers unterstellt

  • wenn es nur einen Arbeitgeber gibt und er nicht 25 Prozent oder mehr seiner Arbeit im Land seines Wohnortes verrichtet.
     

Kulturschaffende mit temporären Anstellungsverhältnissen, ganz speziell Tanz- und Theaterschaffende, sind direkt von diesen Regelungen betroffen. Je nach Situation, kann der Arbeitgeber mit Geschäftssitz in der Schweiz verpflichtet sein, die Sozialversicherungsbeiträge in dem Staat zu entrichten, in welchem sein Arbeitnehmer den Wohnsitz hat. Wenn der Arbeitnehmer, innerhalb eines Jahres, nur einen einzigen Arbeitgeber hat, was bei Kulturschaffenden selten der Fall sein dürfte, ist abzuklären, ob er 25 Prozent des Erwerbseinkommens im Staat verdient, in welchem er wohnt. Es liegt am Staat, in dem er wohnt, dies zu berechnen. Trifft dies zu, händigt die zuständige Verwaltungsstelle dem Arbeitnehmer das Formular A1 aus. Ab diesem Zeitpunkt ist dieser dem Sozialversicherungssystem des Staates, in dem er sein Wohndomizil hat, unterstellt, sofern die Verwaltung in der Schweiz dem nicht widerspricht. Gibt es mehrere Arbeitgeber in mehreren EU-Ländern, gilt im Prinzip dieselbe Regel, auch wenn er nicht 25 Prozent seines Einkommens im Staat, in dem er wohnt, erzielt. Auch hier ist das Formular A1 notwendig. Folglich sind für Schweizer Arbeitnehmer in den Staaten, in denen die Sozialabzüge höher sind als in der Schweiz, die Nettolöhne entsprechend tiefer. Es sei denn, der Arbeitgeber passe diese an. Zudem fallen für die Gruppen auf Tournee zusätzliche Administrationskosten an, die je nach System der betreffenden Staaten beträchtlich sein können. Da es nicht immer einfach herauszufinden ist, welchem Sozialversicherungssystem die Arbeitnehmer unterstellt sind, empfiehlt es sich, sich fachlich bei den Ausgleichskassen der AHV beraten zu lassen. Es ist festzuhalten, dass diese Regeln nur für Schweizer oder Angehörige eines EU-Staates gelten. Angehörige anderer Staaten sind dem Schweizerischen Sozialversicherungssystem unterstellt oder denjenigen eines bilateralen Abkommens, sofern ein solches existiert.  

Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Um den Arbeitgeber administrativ zu entlasten, ist es möglich, dass der Arbeitnehmer seine Sozialversicherungsbeiträge im Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, selber entrichtet.  Art. 21.2 der EU-Verordnung 987/2009 besagt Folgendes: Ein Arbeitgeber, der keine Niederlassung in dem Mitgliedstaat hat, dessen Rechtsvorschriften auf den Arbeitnehmer anzuwenden sind, kann mit dem Arbeitnehmer vereinbaren, dass dieser die Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung der Beiträge wahrnimmt, ohne dass die daneben fortbestehenden Pflichten des Arbeitgebers berührt würden. Der Arbeitgeber übermittelt eine solche Vereinbarung dem zuständigen Träger dieses Mitgliedstaats. Mit einer derartigen freiwilligen, nicht obligatorischen Vereinbarung überweist der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer neben dem Lohn sowohl den Anteil des Arbeitgebers als auch den des Arbeitnehmers und die Administrationskosten der Sozialversicherungsbeträge, damit der Arbeitnehmer selber diesen Beitrag den Sozialversicherungseinrichtungen seines Staates überweisen kann. Der Arbeitgeber bleibt aber für deren Überweisung verantwortlich. Diese Vereinbarung ist nur mit Schweizer Arbeitnehmern oder mit Angehörigen eines EU- oder EFTA-Staates möglich. Formular Vereinbarung Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 987/09

 

Arbeit in mehreren Ländern: Schweiz – EFTA

Für Arbeitnehmer im Austausch mit EFTA-Staaten weichen die Regelungen punktuell von denjenigen mit der EU ab. Hier gilt noch immer die Verordnung EWG Nr. 1408/71. Gemäss deren Art. 13 al. 2 lit. a und 14 al. 2 lit. b gelten für Arbeitnehmer, die aus einem EFTA-Staat stammen, folgende Regelungen:

1.      Sie unterstehen der Gesetzgebung des Staates, in dem sie arbeiten:

  • wenn der Arbeitgeber einem anderen EFTA-Staat angehört, unabhängig davon, in welchem EFTA-Staat sie arbeiten.

2.      Sie unterstehen der Gesetzgebung des Staates, in dem sie wohnen:

  • wenn sie dort einen Teil der Arbeitstätigkeit ausüben. Dies auch dann, wenn es ein nur sehr geringer Teil ist (hier gilt die 25-Prozent-Regelung nicht).
  • wenn sie in verschiedenen Staaten für verschiedene Arbeitgeber tätig sind, auch wenn sie nie im Staat, in dem sie wohnen, arbeiten.

Download Formular gemäss Vereinbarung EWR >International >Formulare

Diese Regelungen gelten nur für Schweizer Staatsangehörige und Angehörige  von EFTA-Staaten. Für alle anderen Arbeitnehmer in der Schweiz gilt die Schweizer Gesetzgebung oder die Regelungen der mit dem Staat abgeschlossenen Abkommen, in dem der Arbeitnehmer wohnt.

Siehe auch Zusammenfassung im Merkblatt : Arbeitnehmer im Ausland und ihre Angehörigen S 30